M wie Museum. Museen sind historisch mit dem Aufbau von Nationalstaaten und damit unmittelbar mit kolonialen Verhältnissen verbunden. Museen sammeln die «Schätze der Nation», um damit die Bürger*innen zu erziehen. Insbesondere aussereuropäische Sammlungen beruhen oft auf kolonialen Plünderungen und Diebstählen. Die Herkunft der Sammlungen, die Art, wie sie verschlagwortet und beschrieben werden sowie die Art des Ausstellens und Zeigens werden deshalb Gegenstand →dekolonialerKritik und Praxis.
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Museen sind geschichtlich mit dem Aufbau von Nationen und damit unmittelbar mit kolonialen Verhältnissen verbunden: Françoise Vergès beschreibt sie als «Gebäude, in denen die Schätze der Nation gesammelt werden, um die Bürger zu erziehen» und weist darauf hin, dass Museumssammlungen oft das Ergebnis von Plünderungen und Diebstählen sind.
Museen als Institutionen müssen sich daher mit der Herkunft ihrer Sammlungen beschäftigen (Provenienzforschung) und dafür Verantwortung übernehmen (vgl. →Restitution). Museen dienten und dienen dem Zweck einer Selbsterzählung der Nation und derjenigen, die die Nation dominieren. Als eine Art autorisierte Erzählstimme des Bürgertums kommen Museen seit ihrer Entstehung ab dem 19. Jahrhundert dem Erhalt und der Legitimation bestehender Machtverhältnisse zugute. Diese Funktion bleibt in den Praktiken der Museen angelegt, wenn sie nicht aktiv →dekolonisiert werden. Man könnte auch sagen: Museen, wie wir sie kennen, sind immanent ideologisch.
Wie Christopher Nixon festhält, gibt es deswegen begründete Forderungen von →BIPoC wie auch von anderen marginalisierten Gruppen, nach einer neuen selbstbestimmten öffentlichen Sichtbarkeit in Museen, wo sie ihre Geschichte(n) selbst erzählen können. Gegenstand dekolonialer Reflexion sollen, neben der Herkunft der Sammlungsbestände und der Art, wie diese verschlagwortet und beschrieben werden, auch die Art des Ausstellens und Vermittelns sein.
Die klassische Vitrine mit Schildchen rahmt besonders erhabene Beispiele der eigenen Kultur oder zeigt Gegenstände aus «fremden Kulturen», die durch diese Art der Herauslösung aus ihrem Entstehungskontext erst objektiviert und zu geeigneten «Zeugen» kolonialer Erzählungen gemacht werden. Aber mit der Entwicklung von Ausstellungskonzepten jenseits der Vitrinen-Ästhetik ist es nicht getan. Über blosse Korrekturen bei der Ausstellungsästhetik hinaus, müssen Museen sich laut Nixon ganz neu erfinden: «Statt ‘Identitätsfabriken’ sollten sie dialogische Räume sein, in denen auch gesellschaftliche Debatten öffentlich stattfinden können.»
Vielleicht können Museen so Orte werden, wo es möglich ist, neue, →reparative Gegenpraktiken zu entwickeln.